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KI im Treuhand: Praxis-Einblicke 2025 für Kanzleien

Der praxiserprobte Leitfaden für eine sichere und strategische KI-Einführung


Sie stehen als Treuhänderin oder Treuhänder in der Schweiz unter einem enormen Druck. Der Ruf nach Effizienz wird lauter, die Komplexität der Mandate nimmt zu, und der Fachkräftemangel verschärft die Situation. Gleichzeitig ist das Vertrauen Ihrer Mandanten Ihr höchstes Gut, gebaut auf absoluter Diskretion und dem Berufsgeheimnis. Nun verspricht Künstliche Intelligenz (KI) eine Lösung für viele dieser Herausforderungen zu sein, doch der unbedachte Einsatz birgt massive Risiken.


Die Unsicherheit ist greifbar. Ignorieren Sie den Trend und riskieren den Anschluss? Oder springen Sie auf den Zug auf und gefährden potenziell die Daten Ihrer Mandanten und die über Jahre aufgebaute Reputation Ihrer Kanzlei? Viele Ihrer Mitarbeitenden experimentieren vielleicht bereits mit frei verfügbaren Tools wie ChatGPT und setzen Ihr Unternehmen unbewusst Risiken aus. Dieses Spannungsfeld zwischen Chance und Gefahr lähmt viele Entscheidungsträger.


Doch es gibt einen sicheren Weg. Dieser Artikel ist Ihr praxisnaher Leitfaden. Wir zeigen Ihnen, basierend auf unserer Erfahrung in der Begleitung von Schweizer Treuhandunternehmen, wo die wahren, realistischen Potenziale der KI liegen, welche Hürden Sie strategisch überwinden müssen und wie Sie KI einführen, ohne Ihr Berufsgeheimnis oder Ihren Ruf zu gefährden.


Das grösste Missverständnis: KI im Treuhand ist kein Autopilot, sondern ein Co-Pilot

Die vielleicht grösste Erwartungsfalle ist die Vorstellung, KI könne komplexe Treuhandaufgaben vollautomatisch und fehlerfrei erledigen. Das ist ein Trugschluss.

Aus unserer Arbeit mit Schweizer KMU wissen wir: Die wirkliche Stärke der KI liegt nicht darin, den menschlichen Experten zu ersetzen, sondern ihn zu unterstützen. Betrachten Sie KI als einen extrem leistungsfähigen Co-Piloten. Er kann riesige Datenmengen in Sekunden analysieren, Muster erkennen und Routinetätigkeiten übernehmen. Aber die Verantwortung, die strategische Steuerung und die finale, kritische Beurteilung bleiben zwingend beim Menschen.


Ein häufiger Fehler, den wir beobachten, ist das blinde Vertrauen in den Output der Maschine. Das kann fatal sein, denn eine KI, die auf unvollständigen oder falsch interpretierten Daten trainiert wurde, liefert unweigerlich falsche Ergebnisse.


Die wahren Chancen: 3 praxiserprobte Anwendungsfälle für Schweizer Treuhänder

Anstatt nach der einen grossen KI-Lösung zu suchen, die alles kann, empfehlen wir unseren Klienten, sich auf klar definierte, wertschöpfende Anwendungsfälle zu konzentrieren.


1. Effizienz für Routinetätigkeiten

Hier liegt das offensichtlichste Potenzial. Tätigkeiten wie die Belegverarbeitung oder das Abfüllen von Standard-Steuerformularen sind prädestiniert für die Automatisierung.

  • Buchhaltung: KI-gestützte Tools, teilweise bereits in Software wie Abacus oder Bexio integriert, können Buchungssätze vorschlagen und Prozesse beschleunigen.

  • Steuererklärungen: Spezialisierte KI-Anwendungen können das Ausfüllen von Deklarationen massiv beschleunigen.


Unsere Erfahrung zeigt jedoch: Der Teufel liegt im Detail. Die Grundlage für eine funktionierende Automatisierung ist eine exzellente Datenqualität und -vollständigkeit seitens des Mandanten. Fehlt ein Kontoauszug oder ist ein Beleg unklar, braucht es den Experten, der die Plausibilitätsprüfung macht und nachfragt.


2. KI im Wissensmanagement

Jede Kanzlei sitzt auf einem Schatz: Jahrzehnte an Erfahrung, Fachwissen in unzähligen Dokumenten, Prozessen, Wegleitungen und Checklisten. Dieses Wissen ist oft nur in den Köpfen langjähriger Mitarbeitender zugänglich.

Ein interner, geschlossener KI-Assistent kann dieses Wissen erschliessen:

  • Schneller Zugriff: Neue Mitarbeitende finden in Sekunden die richtige Vorlage oder die Antwort auf eine komplexe Fachfrage.

  • Wissenstransfer: Das Know-how von scheidenden Experten bleibt im Unternehmen erhalten.

  • Einheitliche Qualität: Alle im Team greifen auf dieselben, aktuellen Informationen und Prozesse zu.


Ein solches System ist ein strategisches Projekt, das höchste Datensicherheit erfordert. Es darf keinerlei Verbindung zu externen, öffentlichen KI-Modellen haben.



 3. Unterstützung in Support-Prozessen

Für Aufgaben ohne vertrauliche Mandantendaten können öffentliche KI-Tools wertvolle Dienste leisten:

  • Marketing: Entwürfe für Blogartikel, Social-Media-Posts oder Newsletter erstellen.

  • HR: Formulierungen für Stelleninserate oder die Strukturierung von internen Schulungsunterlagen entwickeln.


Wichtig ist auch hier: Dies sind lediglich Ausgangspunkte. Die finale Ausarbeitung muss immer durch einen Menschen erfolgen, um die Qualität und die spezifische Tonalität Ihrer Kanzlei sicherzustellen. Hierzu hilft gutes prompten durch Prompt Engineering.



Die rote Linie: Datenschutz und Berufsgeheimnis sind nicht verhandelbar

Dies ist der kritischste Punkt für jeden Treuhänder. Die Nutzung von Standard-Tools wie ChatGPT oder Copilot für mandatsbezogene Daten ist ein absolutes No-Go. Es ist nicht nur eine Frage der rechtlichen Haftung, sondern vor allem eine des Vertrauens und der Reputation.


Standard-Tools vs. geschlossene Systeme: Eine kritische Abwägung

  • Öffentliche KI-Tools (z.B. ChatGPT): Trainieren ihre Modelle je nach abgeschlossenes Abonnement potenziell mit Ihren Eingaben. Eine Anonymisierung vor der Eingabe ist theoretisch möglich, aber aufwendig und fehleranfällig.

  • Geschlossene KI-Systeme (Private AI): Die KI läuft auf einer sicheren, privaten Infrastruktur (z.B. innerhalb Ihrer Kanzlei oder bei einem zertifizierten Schweizer Host). Die Daten verlassen niemals Ihren Kontrollbereich. Dies ist der sicherste gangbare Weg für die Bearbeitung vertraulicher Informationen.


Die Entscheidung für die richtige Technologie hängt vom Anwendungsfall ab. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist unerlässlich, denn die Entwicklung eigener Lösungen ist für die meisten Kanzleien unwirtschaftlich. Oft ist die Integration von sicheren KI-Modulen in bestehende Fachapplikationen der effizienteste Weg.


Der entscheidende Faktor: Die gezielte Schulung Ihrer Mitarbeitenden

Sie können die besten Tools einführen, wenn Ihre Mitarbeitenden nicht wissen, wie sie diese korrekt und sicher anwenden, verpufft die Investition oder schlimmer noch, es entstehen neue Risiken.


Unsere Devise lautet: Sensibilisieren und befähigen statt verbieten.

Ein Verbot von KI-Tools ist kaum durchsetzbar. Der bessere Weg ist, eine Kultur der Kompetenz und des Verantwortungsbewusstseins zu schaffen.

  • Vom "blinden Klicken" zur kritischen Anwendung: Mitarbeitende müssen lernen, wie sie präzise Anweisungen geben ("Prompt Engineering") und die Ergebnisse der KI kritisch hinterfragen. Diese Fähigkeit zur Plausibilitätsprüfung wird zur Kernkompetenz.

  • Die Grundlagen verstehen: Wer die Grundzusammenhänge der Buchführung oder des Steuerrechts nicht mehr von Grund auf lernt, kann die komplexen Outputs einer KI nicht validieren. Die Ausbildung muss sich anpassen und diese kritische Denkfähigkeit in den Mittelpunkt stellen.

  • Risikobewusstsein schaffen: Jeder im Team muss die "roten Linien" kennen. Welche Daten sind tabu? Wann muss ein Tool zwingend in einer geschützten Umgebung laufen?


Checkliste als Infografik mit dem Titel "Quick-Check: Ist Ihre Treuhandkanzlei bereit für KI?". Sie listet Fragen zur KI-Bereitschaft in den Kategorien Strategie, Prozesse, Daten und Sicherheit auf. Erstellt von Mindmode.
Wie fit ist Ihre Kanzlei für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz? Unser Quick-Check hilft Ihnen bei einer ersten Standortbestimmung.

Fazit: Ein strategischer Marathon, kein technologischer Sprint

Die Einführung von KI für Treuhänder in der Schweiz ist unausweichlich, aber sie erfordert einen durchdachten, strategischen Ansatz.


Die drei wichtigsten Erkenntnisse für Ihre Kanzlei sind:

  1. Fokus auf den Co-Piloten: Sehen Sie KI als ein Werkzeug zur Unterstützung Ihrer Experten, nicht als deren Ersatz.

  2. Datenschutz als oberste Priorität: Treffen Sie eine glasklare Unterscheidung zwischen unkritischen Aufgaben und der Verarbeitung von Mandantendaten, für die nur geschlossene Systeme infrage kommen.

  3. Investition in Menschen: Der grösste Hebel für den Erfolg liegt in der Schulung und Sensibilisierung Ihrer Mitarbeitenden. Sie sind und bleiben die wichtigste Kontrollinstanz.


Der Weg zur KI-gestützten Kanzlei ist eine Reise, die mit Bedacht und der richtigen Begleitung angegangen werden muss. So stellen Sie sicher, dass Sie die enormen Effizienzvorteile nutzen, ohne Ihr wertvollstes Gut aufs Spiel zu setzen: das Vertrauen Ihrer Mandanten.


Ihre Kanzlei und Ihre Herausforderungen sind einzigartig. Standardlösungen greifen oft zu kurz. Lassen Sie uns in einem unverbindlichen KI-Strategie-Workshop gemeinsam herausfinden, wo Ihre grössten Potenziale liegen und wie Sie diese sicher und profitabel für Ihre Zukunft heben können.

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